In unserem Format: nwtn Essentials – Der Talk hat Leif Ullmann den aktuellen Podcast Hype eingeordnet.

Alle reden über Podcasts. Echter Trend? Oder Sau, Dorf, dankeschön?

Ganz klar nachhaltiger Trend und nicht nur Hype. Das belegen seit Jahren steigende Abrufzahlen. Nachdem das Radio über Jahrzehnte daran gearbeitet hat, jeglichen „Inhalt“ aus dem Programm zu dudeln, hat sich das Wort neue Bühnen gesucht und dank smarter digitaler Broadcasting-Mittel auch gefunden. Auch in Marketing und Kommunikation spielen Podcasts eine immer größerer Rolle. Mit viel Luft nach oben: In einer fischerAppelt Studie zum Marketingmix der Zukunft setzen nur 5 Prozent entschieden auf die neuen Audio-Möglichkeiten.

Podcasts dauern häufig sehr lang, während die Aufmerksamkeitsspanne abnimmt. Wie geht das zusammen?

Der Podcast-Konsum liegt vor allem in den sogenannten digitalen Ruhephasen der Menschen. Gründe für diese Ruhephasen können eingeschränkte Smartphone-Nutzung sein (etwa im Auto/DB/Flugzeug oder beim Joggen/Fitness) oder die sogenannte Slow-Down-Phase auf dem Rückweg von der Arbeit, vor dem einschlafen oder während Tätigkeiten, die keine sonstige kognitive Leistung erfordern. Er ersetzt aber immer häufiger auch den morgendlichen Radiokonsum, vor allem durch journalitisch geprägte Mornigsbriefings.

Wie springen Unternehmen auf den Podcast Hype auf?

Audio pflegte jenseits von Funkspots oder Radiomaterndiensten im Marketing lange ein totales Nischendasein. Zuhören war  einfach nicht sexy. Über visuelle Reize oder knackige Claims ließen sich Produkte und Markenbotschaften einfach besser verkaufen. Aber aktuell tut sich was, Unternehmen fangen an auszuprobieren. Entweder, in dem sie sich auf ein bestimmtes Thema fokussieren, etwa aus dem Bereich Wissenschaft oder Lebenshilfe, das sich au ihren Pordukten oder Kernkompetenzen ableitet, oder aber als Employer Branding Podcast, der für interessierte Bewerber ebenso funktioniert wie für die eigene Belegschaft.

Was braucht es denn für gutes „Branded Audio“?

Aktuell erfolgreiche Podcast-Formate leben von starken Personalities – oft auch als Duo oder Trio. Die Presenter sind also ausschlaggebend für den Erfolg. Sie sind das zentrale Bindungselement für den Hörer. Zudem vertreten sie oft klare Meinungen und Positionen und zeigen sich auch von ihrer persönlichen und privaten Seite. Das sind alles Dinge, mit denen sich Marken und Unternehmen traditionell schwer tun. Sie sind es eher gewohnt zu „inszenieren“ und sich bei polarisierenden Themen möglichst neutral zu geben. Also eher Voraussetzungen bei denen einem die Ohren einschlafen.

Mit welchen Themen könnte man punkten?

Schaut man in die Podcastcharts, dann ist das Themenspektrum sehr vielfältig, Sexualität, Beziehungen, Frauen- und Männerklischees sind traditionell hoch gerankt sind. Andere erfolgreiche Podcasts zeichnen sich durch eine starke monothematische Ausrichtung wie Fußball, Wissen und Politik oder Crime aus. Aus meiner Sicht wichtig: Das Thema muss zum Absender passen und es muss von Sekunde eins eine Leidenschaft zu spüren bzw. hören sein. Und Leidenschaft kann man nicht skripten oder spielen. Deshalb sind Pornofilme auch so langweilig – Sexpodcasts aber voll im Trend.

Podcasts als neuer Porno?

Nein, Pornos funktionieren nach wie vor, aber nur auf visueller Ebene. Audio hingegen ist in der Vermittlung von Inhalten die anspruchsvollste Disziplin. Es muss allein über den akustischen Kanal funktionieren. Dieser Herausforderung sollte sich jeder – der jetzt zum Aufnahmegerät greift – klar sein.